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Der fröhliche Rinderwirt Dieter

RindLiebe Weinfreundin, lieber Weinfreund,

während ich Ihnen diese Zeilen schreibe, sitze ich bei einem Glas spanischen Rotweins und lausche Herbert Grönemeyers zutiefst trauriger Hymne „Der Weg“, mit der der Liedermacher vor einigen Jahren den Tod seiner geliebten Frau verarbeitete. „Du hast jeden Raum mit Sonne geflutet“, so sang der Bochumer darin und angesichts solcher Zeilen dürften Millionen Frauen „heillos versunken, trunken“ gewesen sein vor lauter Romantik. Doch nicht jeder Mann ist ein Barde vom Format Grönemeyers! Und bei manchem Mann darf man sogar bezweifeln, ob er überhaupt ein Mann ist. Denn nicht nur mangelt es vielen Vertretern des männlichen Geschlechts am Sinn für Romantik, an jedweder Kultur und der herben Note, die den Nachfahren des urzeitlichen Neandertalers eigentlich auszeichnen sollte, nein, so mancher Mann scheint zeitlebens Kind geblieben zu sein.

Wer an diesem Montag die zweite Folge der erfolgreichen RTL Serie „Bauer sucht Frau“ gesehen hat, der weiß, was ich meine. Der „fröhliche Rinderwirt Dieter“, der mit Hilfe der stets dynamischen Inka Bause versucht, sein Junggesellendasein zu beenden, stellt das Paradebeispiel jenes Typs „Mann“ dar, der im Herzen immer noch mit der Märklin Eisenbahn im Kreis fährt und damit auch in seinem Leben. Mit 40 lebt Dieter noch daheim bei seiner „Mutti“, frisiert sich die Haare wie ein Konfirmand und tapeziert die Wände seines Jugendzimmers mit Autogrammkarten Patrick Lindners. Nichts gegen Patrick Lindner, ich selber besitze eine Platte des toupierten Schlagerbarden! Aber dessen Fönfrisur auch noch beim täglichen Blick auf die eigenen vier Wände ertragen zu müssen, das ginge selbst einem Schlagerfreund wie mir zu weit.

Doch zurück zum neuen Helden der RTL Reality Soap „Bauer sucht Frau“, der durchaus das Zeug hat, „Heinrich dem Schäfer“, dem Star der letzten Staffel, den Rang abzulaufen. Beim Anblick der von ihm als zukünftige Lebenspartnerin ausgesuchten Dame strahlen Dieters Augen wie die eines Zwölfjährigen, der gerade bei den Bundesjugendspielen eine Siegerurkunde errungen hat. Das Leben als ewige Pubertät – welch Schreckensvorstellung.

Doch muss man RTL für die Erfindung der Reality Serien danken, jener Serien also, in denen sich echte Menschen zur Schau stellen und dabei das Fremdschämpotential in nie für möglich gehaltene Höhen treiben. Auch wer sich mehr für kulinarische Genüsse als den Kampf nicht vermittelbarer Singles um eine Lebenspartnerin interessiert, kommt im deutschen Fernsehen auf seine Kosten.

Wer „Rach dem Restaurantester“ oder den „Kochprofis“ bei ihrer Arbeit in den Küchen der Republik über die Schulter geschaut hat, in dem reift die Erkenntnis, dass die alte Weisheit, nach der es daheim bei Muttern am besten schmeckt, doch mehr als einen Funken Wahrheit enthält. Wenn man sieht, wie Küchenchefs von Flensburg bis Oberstdorf beherzt den Dosenöffner an die Konservenbüchsen ansetzen und ihren Gästen anschließend das Gepansche der chemischen Industrie als „frische Ochsenschwanzsuppe“ oder „herzhaften Bohneneintopf“ servieren, dann kann man angesichts solcher Kaltschnäuzigkeit nur noch erstaunt den Kopf schütteln. Generell scheinen viele Lokale auf die Frische ihrer Produkte keinen besonderen Wert zu legen. Dabei stellt eine gepflegte Suppe aus der Konserve noch das kleinste Übel dar, gewissermaßen die Variante, die dem Gast den geringsten Brechreiz verursacht. Viel schlimmer sind da ranzige Fleischstücke oder Fische, die schon seit Monaten in der Tiefkühltruhe vor sich hin gammeln. Auch solcherlei Kost wird dem ahnungslosen Restaurantbesucher bisweilen vorgesetzt!

Insofern haben sich Fernsehserien wie die oben genannten durchaus verdient gemacht, und zwar um die Gesundheit der Bundesbürger! Nur eines verstehe ich nicht: Warum wird solchen Lokalen mittels aufwändiger Fernsehproduktionen überhaupt noch geholfen, statt die Pächter und Küchenchefs gleich verhaften und jene Höhlen des Grauens sofort schlissen zu lassen? So mancher hat einfach mehr Glück als Verstand.

Meine Quintessenz: Gegessen wird nur noch daheim und Bauer scheidet als Berufswunsch fürs nächste Leben garantiert aus! Obwohl: Gegen das Lebensgefühl eines Kind gebliebenen Modelleisenbahners ist vielleicht gar nichts einzuwenden…

In diesem Sinne grüßt Sie bis zum nächsten Mal Ihr

Engelo

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