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Liebe geht durch den Magen

LaguioleLiebe Weinfreundin, lieber Weinfreund,

dass die Liebe durch den Magen geht, ist zwar eine Weisheit, deren Bart  bis in den Keller reicht, die sich aber trotzdem noch nicht bis zu all denjenigen herumgesprochen hat, die ihr trauriges Dasein auf unserem Planeten als Single fristen und sich fragen warum. Schönheit, Kraft und Intelligenz, alle jene Eigenschaften, die uns anderen Menschen so attraktiv erscheinen lassen,  verblassen im Laufe des Lebens, das Interesse am Essen aber bleibt, bis man von Zylinder tragenden Herren in jene kühle Grube herabgelassen wird, aus der es kein Entrinnen gibt.

Auch ich brauchte Jahre, um zu erkennen, dass die Kochkünste eines Alfons Schubeck zu beherrschen bei der Werbung um das Herz einer Frau von zentraler Bedeutung sein könnte. Viel zu lange beschränkten sich meine kulinarischen Fähigkeiten darauf, einem Darkwing Duck gleich den Büchsenöffner anzusetzen – allerdings nicht an der Büchse der Gerechtigkeit, sondern an einer aus dem Hause Maggi. Und so kam es, dass ich die Damenwelt bei Besuchen in meinen eigenen vier Wänden regelmäßig mit Ravioli „verwöhnte“, die dank des großzügigen Einsatzes von Konservierungsstoffen eine höhere Halbwertzeit aufwiesen als die Fässer mit Atommüll im Gorlebener Salzstock.

Doch zum Glück ist der Mensch ja lernfähig und nach der Lektüre diverser Ratgeber für verzweifelte Singles beschloss ich, fortan wenn nicht das Leben eines Paul Bocuse, so doch zumindest das eines Max Inzinger zu führen, jenes Helden meiner Kindheit, der schon in der „Drehscheibe“ kochte, als Johann Lafer noch in den Kindergarten ging. Natürlich verfuhr ich bei der Realisierung meines Zieles nach dem auch im Berufsleben geltenden Motto „Nicht kleckern, sondern klotzen!“ und beschloss daher, mir zunächst einmal standesgemäßes Küchenzubehör zuzulegen. Also schritt ich eines schönen Tages in ein Haushaltswarengeschäft, um mich mit dem Equipment auszustatten, das mir fortan die Herzen der Damen im Fluge zu erobern helfen sollte.

Die freundliche Verkäuferin mittleren Alters, die mir bei meinem Grosseinkauf behilflich war, fühlte sich schon nach wenigen Minuten so, als ob sie im Lotto gewonnen hätte. Denn beherzt ging ich zu Werk, kaufte edle Küchenmesser, deren japanische Schneiden selbst Haare spalten können, Auflaufformen einer Qualität, mit der man auch die Außenwände des Space Shuttle vor Erhitzung beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre zu schützen in der Lage wäre und mancherlei anderes teure Zubehör.

An der Kasse angekommen, schlug dann die Stunde der Wahrheit. Und zugleich auch die Stunde, in der mir wieder einmal schmerzhaft bewusst werden sollte, dass Unkenntnis in Sachen Wein bisweilen kostspielige Konsequenzen haben kann. Denn mein Blick fiel auf einige, hinter Glas drapierte Korkenzieher und da sich meine Einkäufe eh schon auf über 500 Euro beliefen, dachte ich mir, auf 20 Euro mehr oder weniger kommt es nun auch nicht mehr an. Doch dass die Kassiererin auf meine lax dahin geworfene Aufforderung „Packen Sie mir noch so einen Korkenzieher ein!“ zunächst nach einem Schlüssel für die Vitrine suchen musste, in der jene hübschen Korkenzieher und verschiedene Messer lagen, hätte mich stutzig machen sollen. Und so kam es, dass ich neben den 500 Euro für meinen Schlüssel zum Magen und somit zum Herzen der holden Weiblichkeit auch noch 120 Euro für einen Korkenzieher der Firma Laguiole berappen durfte.

Nun werden Sie sagen: „Lieber Engelo, Sie hätten doch auch auf den Korkenzieher verzichten können!“. Doch das ließ mein Stolz nicht zu! Denn wenn man erst einmal wie Graf Koks durch ein Geschäft geschritten ist und Hof gehalten hat, dann möchte man ja nicht den Eindruck erwecken, als sage einem Laguiole so viel wie einem Legastheniker Montblanc. Daheim angekommen wollte ich das edle Stück natürlich sofort ausprobieren und versuchte, einem Sommelier gleich eine Flasche Dornfelder zu entkorken. Doch durstig musste ich anschließend zu Bett gehen, hatte meine Operation am offenen Flaschenhals doch lediglich dazu geführt, dass der Korken in mehrere Teile zerbröselte und sich standhaft allen Versuchen widersetzte, den Wein in Freiheit zu entlassen.

Doch ein Gutes hatte die ganze Sache: Das edle Stück aus dem Haus Laguiole war ein wunderbares Geschenk für meinen Freund Markus Stolz, der sich im Gegensatz zu mir mit Wein auskennt und deshalb auch mit einem Korkenzieher umgehen kann.
 
Bis zum nächsten Mal grüßt Sie recht herzlich Ihr

Engelo

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